Gedanken zu Palmsonntag - Pastorin Schwethelm

Palmsonntag – Über die Hoffnung gestolpert

Da zieht einer unter Jubel in Jerusalem ein. Sie haben Palmenzweige und Blumen auf den Weg gelegt. Wertvolle Stoffe. Ein Freudenteppich. Grün und bunt wie die Hoffnung. Er ist ihre Hoffnung. Und jetzt ist er da. Jetzt ist er nah.

Wen kümmert es da schon, dass er auf einem Esel einzieht. Wenig königlich – auch nicht wie ein Reiter, Kämpfer, Streiter.

Und dennoch alle Augen, alle Herzen warten auf ihn. Er ist sich selbst vorausgeeilt. Überall in den Gassen haben sich Frauen und Männer die wundersamsten Geschichten über ihn erzählt. Wahre Wunder kann er vollbringen und reden, dass einem das Herz übergeht. Berührend, heilend, aufrüttelnd, verlebendigend.

Wie mag sich Jesus gefühlt haben? Um ihn herum Jubel, Trubel, Heiterkeit – eine trügerische Feststimmung. Lachende Menschen, strahlende Augen, grüne Zweige, bunte Blumen. Es muss ihn zerrissen haben auf seinem Esel. Sie meinen ihn gar nicht – er weiß das. Er stolpert den Weg hinauf, stolpert über ihre Wünsche, Erwartungen, ihre Hoffnung.

Nicht lange wird es dauern, dann stolpern sie mit ihrer Hoffnung über ihn. Jesus bringt die Hoffnung auf ein neues Leben, eine neue Freiheit. Aber das kostet ihn sein Leben und seine Freiheit.

Ich stolpere diese Tage durch die Zeit. Manchmal angespornt von einem wilden Aktionismus und dem Mantra: „Alles wird gut!“ - andrà tutto bene!

Ich stolpere über die Nachrichten – die Flüchtlingslager, die Coronatoten, die Not der Obdachlosen…

Ich stolpere durch den Frühling. Das Leben zeigt sich mit ganzer, herrlicher Gewalt. Überall blüht es, die Sonne scheint, Eichhörnchen bauen ihre Kobel. Das Leben ist nicht aufzuhalten.

Ich stolpere ängstlich hinüber zur Bank vor der Kirche. Mit der Frage im Kopf: Wie lange? Wie lange wird es dauern, bis alles wieder gut wird. Und wie wird es sein, wenn alles wieder gut ist?

Stolpernd schreibe ich Briefe, ringe um Worte am Telefon, ringe mit meiner Hoffnung. Bemale Steine – Hoffnungssteine. Ich male auf die Steine Engel, Anker, Herzen und schreibe Segensworte. Dann verteile ich sie auf meinen Wegen. Ich streue keine Palmenzweige, ich streue Steine, meine holprige Hoffnung, meine tiefe Sehnsucht nach dem Ostermorgen, wenn der eine große Hoffnungsstein weggerollt wird und uns zurück ins Leben stolpern lässt!

Amen

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